Jessica, der Jäger und die Journalistin

Jessica, der Jäger und die Journalistin

Frischling
Frischling

Jessica hat es einem Jäger zu verdanken, dass sie am Leben ist. Acht Wochen lang hat Hans-Peter Giebing aus Espenau im Landkreis Kassel das kleine Wildschwein bei sich aufgezogen und es dabei ins Herz geschlossen. Von dieser außergewöhnlichen Beziehung zwischen Mensch und Tier erzählt die Hessische/Niedersächsische Allgemeine in einer rührseligen Reportage – leider ohne dabei so richtig verstanden zu haben, was es bedeutet, ein Jäger zu sein.

Alles begann mit einem traurigen Ereignis: Nachdem Jessicas Mutter an einer Bundesstraße überfahren worden war, hatte Giebing in seinem Revier sechs Frischlinge entdeckt. Fünf davon brachte er anderweitig unter, Jessica behielt er bei sich. Und lud sich damit jede Menge Arbeit auf. Denn das kleine Schwein verlangte rund um die Uhr nach Betreuung und musste natürlich auch nachts gefüttert werden. Schließlich kam es, wie es kommen musste: Jessica war bald voll und ganz auf den Ersatzvater geprägt und ertrug selbst kurze Trennungen kaum: „Da ist sie dann auch gegen das Fenster gesprungen, wenn ich rausgegangen bin“, sagte Giebing der Zeitung.

Weil klar war, dass sich das zutrauliche Tier nicht mehr auswildern lassen würde, entschloss Giebing sich, Jessica in einen Tierpark zu geben. Dort hat sie sich laut dem Bericht inzwischen unter Wollschweinen eingelebt und ihre Fixierung auf den Menschen bereits spürbar verloren.

So weit, so schön. Dank der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen wissen wir nun, dass Herr Giebing ein engagierter, tierfreundlicher Mensch ist und dass es Jessica blendend geht. Seltsam ist allerdings, dass die Verfasserin des Artikels sich einen Jäger offenbar partout nicht als engagierten, tierfreundlichen Menschen vorstellen kann. So heißt es direkt in der Einleitung: „Wenn Hans-Peter Giebing über Frischling Jessica spricht, dann vergisst man leicht, dass er eigentlich Jäger ist.“

Und auch die Zwischenüberschrift „Ich bin zwar Jäger, aber keiner, der alles totschießt“ rückt Waidmänner allgemein nicht gerade ins beste Licht. Liest man den kompletten Text, wirkt die Aussage denn auch etwas anders: Das Klischee, dass ein Jäger „alles totschießt“, gehe ihm „gegen den Strich“, sagte Giebing gegenüber der Journalistin.

Vielleicht könnte ihr ein Besuch in einem Jagdrevier ja als Aufhänger für eine neue Reportage dienen. Darin ließe sich dann bestimmt einiges über das Engagement der Jägerschaft in der Hege und Pflege von Wildtieren erzählen…

Bis dahin hätten wir hier etliche schöne Beispiele im Angebot, was Jäger für Natur und Tiere leisten:
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