Jagdausrüstung für Frauen: Darf es ein bisschen pink sein?

Jagdausrüstung für Frauen: Darf es ein bisschen pink sein?

Pinke Jagdgewehre und Warnwesten für Jägerinnen spalten die Gemüter. Ist Jagdzubehör „für Sie“ sexistisch? Oder macht es durchaus Sinn?

Jägerin klettert auf Hochsitz
Jägerin klettert auf Hochsitz

Brauchen Jägerinnen spezielles Zubehör – und dann auch noch in Pink? Ein Facebook-Post des Waffenherstellers Blaser spaltete vor kurzem die Gemüter. Auf dem Foto des Posts ist eine Jägerin zu sehen, die stolz ihre personalisierte Blaser-Repitierbüchse in die Kamera hält – inklusive pink eingefärbtem Rochenleder. Viele der Facebook-Kommentatoren finden die Farbwahl reichlich zweifelhaft. Während ein Nutzer meint: „Jetzt wird’s dann doch abartig“, ist ein anderer eher amüsiert: „Ist da auch ein Schminkspiegel auf der Optik und Lippenstifte im Magazin?“ Den überwiegend männlichen Gegenstimmen entgegnet eine weitere Nutzerin schlagfertig: „Hoffentlich schießt ihr in nato-oliv grün alle so gut wie manche Frau in pink. Ich definiere weder Jagd noch Geschlecht über eine FARBE“.

Die Debatte zeigt: Da ist Feuer drin. Es gibt kaum Themen, über die so leidenschaftlich gestritten wird, wie über die Jagd und den Feminismus. Treffen beide zusammen, gehen die Meinungen wie im aktuellen Fall weit auseinander. Kann man mit pinken Jagdgewehren Frauen die Jagd schmackhafter machen? Ist das sexistisch oder brauchen Frauen tatsächlich andere Produkte als Männer, um auf die Jagd zu gehen?

Schaut man sich einmal genauer in den Regalen von Supermärkten, Drogerien und sogar Baumärkten um, möchte man meinen: Ja, Frauen brauchen andere Produkte als Männer, und zwar ganz egal in welcher Situation. Wie sollten wir schließlich ohne den rosa Werkzeugkasten, der extrakleine Werkzeuge für extrazarte Frauenhände enthält, Möbel zusammenschrauben oder Bilder aufhängen? Wie kämen wir klar, wenn wir uns mit derben Männer-Rasierern die sensiblen Frauen-Beine rasieren müssten? Die Auswüchse des geschlechtsspezifischen Marketings nehmen teilweise absurde Züge an. Die Marke Bic machte sich etwa vor einiger Zeit zum öffentlichen Gespött, als sie Kugelschreiber „für Sie“ verkaufte.

Rosa und pink – letztendlich auch eine Geschmacksfrage

Dabei kann es durchaus manchmal Sinn machen, wenn für Frauen spezielle Produkte angeboten werden. Beim Jagdzubehör richtet sich die Industrie auf die wachsende Zahl an weiblichen Jagdbegeisterten ein – beispielsweise beim Thema Kleidung. Doch wie sinnvoll sind Jagdgewehre speziell für Frauen? Und muss immer alles pink und rosa sein?

Letztere Frage ist sicher auch eine Geschmacksfrage. Das zeigt auch die personalisierte Blaser-Büchse der Jägerin, die sicher nicht jedermann (oder frau) gefällt. Bei Warnkleidung ist ein grelles Pink sogar nützlich, weil die Farbe vom Schalenwild aufgrund seiner begrenzten Farbwahrnehmung ebenso wie das gängige Orange oder auch Neongelb nicht gesehen werden kann. Im US-Bundesstaat New York wurde im Jahr 2016 Pink als Signalfarbe bei der Jagd gesetzlich zugelassen – allerdings sorgte die Begründung, dass nämlich so mehr Frauen für die Jagd begeistert werden sollten – zu Recht für Empörung und Kopfschütteln. Die Präsidentin der „Women’s Hunting and Sport Association“ bezeichnete die Gesetzesänderung damals als „erniedrigend“.

Jagd wird bei Frauen immer beliebter

Trotzdem scheint die Nachfrage nach Jagdzubehör für Frauen eher zu steigen, was sicher auch der erfreulichen Tatsache geschuldet ist, dass sich immer mehr Frauen für die Jagd begeistern. Laut einer aktuellen DJV-Umfrage liegt der weibliche Anteil in den Jagdschulen mittlerweile bei 24 Prozent – ein Fünftel mehr als noch vor sieben Jahren. Dass man als Jägerin nicht in für den weiblichen Körper eher ungünstig geschnittene Männerklamotten schlüpfen will, haben auch einige Modehersteller erkannt (wir berichteten), die sich auf die steigende Nachfrage nach praktischer und schicker Jagdbekleidung für Waidfrauen einstellen.

Doch wie ist das nun mit speziellen Jagdgewehren für Frauen? Diese Frage lässt sich beantworten, wenn man sich im Angebot namhafter Waffenhersteller und -verkäufer umschaut. Bei Frankonia.de beispielsweise gibt es die Rubrik „Waffen für die Dame“, wo es einem vor dem Draufklicken schon vor rosa- und pinkfarbenen Gendermarketing-Auswüchsen graut. Aber weit gefehlt: Hier findet man vor allem leichtere und kürzere Jagdwaffen, die sich äußerlich kaum bis gar nicht vom Standard-Jagdgewehr unterscheiden.

Viele Faktoren bestimmen die Auswahl des Gewehrs

Schließlich gibt es auch Waidmänner, die sich eine solche Waffe aufgrund ihres leichteren Gewichts und der guten Führigkeit anschaffen. Es hängt immer von der persönlichen Vorliebe, vom Körperbau und nicht zuletzt vom jagdlichen Zweck ab, den die Waffe erfüllen soll. Gerade zierlichen Jägerinnen kommt es daher zugute, dass Hersteller wie Sauer oder Merkel kompaktere Alternativen zu ihren Büchsen im Angebot haben. So unterstützt Sauer beispielsweise mit der Sauer 404 Artemis das weibliche Geschlecht in der Gewehrausstattung mit einem verkürzten Schaft (wir berichteten). Der Hersteller nimmt damit Rücksicht auf die anatomischen Bedürfnisse von Frauen. Gleichzeitig eignen sich solche Gewehre auch gut für den Jägernachwuchs. Somit muss es nicht immer gleich eine teure Maßanfertigung sein, wenn etwa der Abstand von Pistolengriff und Abzug nicht stimmt oder die Arme schlicht zu kurz sind, um komfortabel und sicher schießen zu können.

Am Ende ist es dann auch egal, ob der zarte Rehrücken, das wärmende Fuchsfell oder der verhütete Wildschaden einer pinken Büchse zu verdanken ist oder nicht – solange man (beziehungsweise frau) damit trifft.