Gretchenfragen in der Forst-Debatte

Gretchenfragen in der Forst-Debatte 

Massive Kritik an Aufforstung als Heilmittel für das Weltklima. 

Tundralandschaft in Kamtschatka
Tundralandschaft in Kamtschatka

Förster fragen gerne nach der Kompetenz ihrer Kritiker. Spannend, wenn die Wald-Experten dann untereinander streiten. Wie momentan um Rezepte gegen den Klimawandel. Mit interessanten Aspekten für Jagd und Jäger. 

Für mäßig Interessierte ist die Sache klar: Für ein paar Milliarden Euro Bäume pflanzen – und die Welt kommt wieder in Ordnung. Zwei Drittel der menschgemachten CO2-Emissionen könne der Wald aufnehmen, wenn es nur genug davon gäbe. So hatten es Experten der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich im Sommer vorgerechnet. Die Politik griff freudig nach dem (hölzernen) Strohhalm. Verbände fordern milliardenschwere Forst-Programme. Die ums oft übermotorisierte Auto und die Ferienflüge bangende Gesellschaft begann ein wenig aufzuatmen. 

Und jetzt das: Ausgerechnet im renommierten Fachmagazin „Science“ kommt massive Gegenrede. Am falschen Ort gepflanzt, könnten Bäume Ökosysteme zerstören, die Intensität von Waldbränden erhöhen und die globale Erwärmung verschärfen. Auffällig an der harten Kritik: In „Science“ kommen Öko-Forscher gleich im Dutzend zu Wort. Von der Texas A&M University über Münchens LMU bis zum Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. Sie bezweifeln nicht, dass Bäume gut fürs Klima sind. Aber eben nicht überall und immer. Und sie halten die positiven Berechnungen aus Zürich für weit überzogen.  

Die wohl wichtigste Gegenrede: Nicht überall, wo Wald wachsen könnte, sind Pflanzungen sinnvoll. Das gelte zum Beispiel für Moor- und Tundraflächen. Oder für Waldwiesen und Brachflächen. Hier wird es für Jäger interessant, die sich auch zur Entschärfung des Wald-Wild-Konflikts mehr Äsungsflächen in den Forsten wünschen. 

Zugespitzt geht es beim Streit um die Feststellung, dass nicht nur Bäume gut fürs Klima sind. Sondern auch Gestrüpp und Sträucher und sogar das Ackerland. Auch klar: Solche Thesen sind Wasser auf die Mühlen der Urwald-Fraktion. Bis hin zu den Gegnern einer wirksamen Käfer-Bekämpfung. 

Wie der Expertenstreit ausgehen wird, scheint momentan ungewiss. Wahrscheinlich ist, dass die Politik ihre Aufforstungsprogramme nicht unbeeindruckt durch die Gegenrede vollenden wird, wenn selbst Experten um den Sinn der Übung streiten. Bleibt nur die Frage, ob genug Zeit bleibt, den Ausgang der Debatte abzuwarten – wenn im Wald derweil die Bäume sterben.