Gastbeitrag: Der populistische Kampf gegen Jagd

Gastbeitrag: Der populistische Kampf gegen Jagd

Was Parteien für sich neu entdecken, haben Jagdgegner schon seit Jahren perfektioniert – unser Gastautor spricht lieber über Fakten!

demolierter Hochsitz
demolierter Hochsitz

„Populismus“ ist aktuell in aller Munde. Egal ob in sozialen oder in herkömmlichen Medien – politisch scheint er wieder erfolgversprechend zu sein. Für Jäger ist das ein alter Hut. Sie sehen sich seit Jahren falschen, unfairen und vor Ideologie triefenden Attacken ausgesetzt – eines der besten Beispiele ist die Tierrechtsorganisation Peta, die mit Anzeigen, Verleumdungen und Kampagnen gegen Jäger, Fischer oder Landwirte hetzt und damit Spenden in Millionenhöhe generiert. 

Ralf Schmidt will die Aktualität der Diskussion nutzen, um darauf aufmerksam zu machen und zugleich den geringen Wahrheitsgehalt der Aussagen dieser populistischen Demagogen zu thematisieren. Damit will er viele der falschen Argumente gegen die Jagd entkräften.

Demagogischer (Volksverführung, ideologische Hetze) Populismus (die Gunst, Massen zu gewinnen)

Was bedeutet demagogischer Populismus für die Jagd? Wir wissen, dass manchen nur Parolen einfallen. Neu sind vor allem die Meinungsblasen, die oft genug abgekoppelt von der Wirklichkeit sind. Besonders gut lässt sich das im Internet beobachten, das für Demagogen zugleich Nährboden und Spielwiese ist. Hier ergeben Verschwörungstheorien und Eliten-Verachtung einen gefährlichen Mix, denn es ist völlig egal, ob Behauptungen wahr sind – Hauptsache, der Empörungsgrad stimmt.

Zunächst müssen wir uns selbstkritisch fragen: Warum finden Parolen, vermeintlich einfache Lösungen, sogar offensichtliche Lügen, Gehör und Gefolgschaft? Ein Stück weit liegt das gewiss daran, dass unsere Diskussionen und Entscheidungsprozesse kaum noch nachvollziehbar sind. Dass die vielen Details unserer Regulierungen den Blick auf die Substanz oft versperren. Und dass die Eliten in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft nicht immer ein gutes Bild abgeben („schwarze Schafe“).

Unsere Gesellschaften müssen lösungsorientiert und vernünftig bleiben. Wir brauchen eine neue Übereinkunft zwischen all denen, die sich an diesen Debatten beteiligen – ob im Parlament, in den Medien oder mit einem schnellen Kommentar im Netz. Ohne die Bereitschaft, die Komplexität dieser Welt des 21. Jahrhunderts anzuerkennen, geht es nicht. Vereinfachung hat eine Untergrenze. Es gibt eine Vielfalt legitimer Interessen und Blickwinkel. Niemand hat die Weisheit mit Löffeln gefressen. Und jeder muss bereit sein dazuzulernen.

Demagogische Jagdgegner: Zusammenhänge, Lebensräume, Konkurrenz/Symbiosen und Wildbiologie unserer Arten in der von Menschen geschaffenen Kulturlandschaft sind nicht einfach zu verstehen. Jagdkritische Vereine, Naturschutzverbände, die „vegan- vegetarische“ Minderheit u.v.m. vermitteln gerne den Eindruck, dass die Jagdausübung überflüssig und ein nicht mehr zeitgemäßes „Hobby“ einiger elitärer Gruppen ist. Ihre Einwände sind meist, dass die „Natur“ sich selber reguliert und wir Menschen uns tunlichst nicht einmischen sollten. Ob es einen kausalen Zusammenhang zwischen jagdfeindlichen Parolen und der Akquise von Spendengeldern gibt, bleibt zunächst unbeachtet. Hier wird aufgrund der Komplexität der Vorgänge leider sehr oft die genannte Untergrenze der Vereinfachung unterschritten. 

„Natur“ existiert in vielen „Wohlstandsländern“ nicht mehr. In Deutschland werden über 50 Prozent der Fläche landwirtschaftlich bearbeitet, also kultiviert. Ein weiser Agrar- Ökonom definierte Landwirtschaft als den täglichen Kampf gegen die Natur. Über 30 Prozent unserer Fläche sind „Wirtschaftswälder“. Hier stehen die Holzernte und der daraus entstehende Nutzen im Vordergrund. Rechnen wir nun die Städte und urbanen Zonen dazu, erkennen wir, dass „Natur“ nur noch in kleinen, ausgewiesenen Zonen stattfindet, deren isolierte Lagen aufgrund fehlender Vernetzung häufig nicht den erwünschten ökologischen (natürlichen) Nutzen mit sich bringen. Dies belegt der Rückgang an biologischer Vielfalt (Biodiversität). Hilft es nun, einer verlorenen Natur hinterherzutrauern, indem wir uns selbst belügen und so tun, als wäre sie noch vorhanden? 

Foto: Manfred Burmeister / Ein Feldhase im Revier.
Foto: Manfred Burmeister / Ein Feldhase im Revier.

Viele Arten profitieren von dieser Kulturlandschaft und haben sich als „Kulturfolger“ an unsere Notwendigkeit der Landschaftsgestaltung gewöhnt. Sie sind nicht gefährdet und stellen uns durch ihre hohen Populationen sogar einen nachhaltigen Nutzungswert zur Verfügung. Andere Arten leiden unter dem zunehmenden Raubbau in ihren Lebensräumen. Hier sollte der Natur- und Artenschutz ansetzen.

Ein gutes Beispiel für die Komplexität von Wildtierbeständen in der Kulturlandschaft ist unser Hasen-Referenzrevier: Bei Übernahme dieses Jagdbezirkes kamen kaum noch Feldhasen vor. Wir stellten sofort die bis dahin traditionell durchgeführten Treibjagden ein, kauften Grundstücke und stellten artgerechte Lebensräume her. Dazu regulierten wir die viel zu hohen Prädatoren-Bestände, allen voran beim Fuchs. Wir führten ein Monitoring ein und erfassten dabei methodisch die Frühjahrs- und Herbstbestände, kartierten die Lebensräume und leiteten diese Angaben an ein Wildtier-Informationssystem zur wissenschaftlichen Auswertung weiter. Die Folge: Der Hasenbesatz nahm Jahr für Jahr zu und erreichte bald einen „bejagbaren“ Bestand.

Hier beginnt nun das Problem der komplexen Zusammenhänge. Gesellschaftlich wurden wir mit Achtung honoriert, solange wir als Schützer und Heger agierten. Dass nun plötzlich wieder Hasen bejagt werden sollten, konnte somit nur eines bedeuten: Lediglich die Absicht zur Bejagung war unsere Motivation für alle geleisteten Arbeiten. Unmöglich für einen Naturschützer!

Allerdings ist dies eine sehr reduzierte Darstellung der Komplexität, welche die Untergrenze der Vereinfachung bei Weitem unterschreitet, aber als Meinungsblase gegen die Jagd – einfach und verständlich – sehr geeignet war. 

Der wahre Grund für eine Bejagung waren unter anderem die zunehmenden Wildunfälle. Wir fanden an Straßen und Wegen vermehrt überfahrene Hasen als Folge überstiegener Lebensraumkapazität und des dabei entstehenden territorialen Stresses wegen Fressen (Äsung), Fortpflanzung und Rückzugsräumen. Dazu bestehen bei hohen Populationen ständig Gefahren von Seuchen und Krankheiten. Hasenpest, EBHS, Kokzidiose und viele mehr raffen bei einer dichten Infektionskette ganze Bestände dahin. Aus diesen Gründen sollten zu hohe Bestände „reguliert“ werden. Es ist nachgewiesen, dass die übrigen Individuen aufgrund der besseren Lebensqualität eine geringere Sterblichkeit aufweisen. Biologisch sprechen wir von der „kompensatorischen Mortalität“.

Ferner kann an dieser Stelle nicht nachvollzogen werden, warum man den Unfalltod eines Hasen in Kauf nimmt (kein Verursacher hat jemals das Autofahren eingestellt) und andererseits die Verbesserung der Lebensumstände einer Art bei gleichzeitiger Nutzung eines gesunden, schmackhaften und ökologischen Lebensmittels ablehnt. Der Stallhase als Weihnachtsbraten, der sein ganzes Leben in einer engen Kiste verbringen musste, unterliegt hingegen der „gesellschaftliche Akzeptanz“.

Dabei spielt ein weiterer Aspekt eine sehr wichtige Rolle: Die nachhaltige Nutzung einer natürlichen Ressource macht sie für uns Menschen interessant, begehrenswert und nützlich. Es entsteht ein Interesse, welches uns durch die „Inwertsetzung“ dieser Ressource animiert, für deren Erhalt zu „kämpfen“. Schutz durch Nutzung, allgemein als „use it or lose it“-Prinzip weltweit bekannt, wurde daher bei den Biodiversitäts-Konventionen als der größtmögliche Schutz von Flora und Fauna angesehen und durch mehr als 190 Staaten ratifiziert. 

Für populistische Demagogen ist natürlich die Tötung eines Individuums Grund genug, die Jagdausübung zu verurteilen und dies als „Meinungsblase“ im Internet zu veröffentlichen. Dort finden sich schnell die Mitläufer und Aktivisten, welche hyperventilierend und ohne weiteres Nachdenken dem Mainstream folgen und das alles auf Facebook teilen. Einfach und das bei hohem Empörungsgrad – so werden „bessere Menschen“ gemacht!

Wenn wir die Perspektive des anderen respektieren und fürs Umdenken offen sind, hat es der demagogische Populismus schwer.

Info zum Autor:

Ralf Schmidt ist 54 Jahre alt, kommt aus dem rheinland-pfälzischen Landkreis Ahrweiler und ist selbstständiger Unternehmer. Er ist Jäger und bewirtschaftet mit mehreren Kollegen ein eigenes Revier. Als Obmann für Naturschutz der Kreisgruppe Ahrweiler brachte er Landnutzer an einen Tisch, um neue Lebensräume für Bienen, andere Insekten und Wild zu schaffen (wir berichteten). Das „Netzwerk Artenvielfalt“ arbeitet so an mehr artenreichem Lebensraum im Landkreis.

Gastautor Ralf Schmidt in seinem Revier.
Gastautor Ralf Schmidt in seinem Revier.