Die Jagd gehört den Ureinwohnern

Die Jagd gehört den Ureinwohnern

Schwedens Rentierzüchter gewinnen den Rechtsstreit gegen staatliche Besitzansprüche.

Samen-Familie ca. 1900.
Samen-Familie ca. 1900.

Schwedens höchstes Gericht erklärt die Jagd quasi zum Grundrecht der Ureinwohner in den Rentier-Weidegebieten. Mit einem Urteil, das weit über die Jagd hinaus reicht und auch die Wolfspolitik berührt. 

Zum Kern der Auseinandersetzung: Seit dem Jahr 1864 ist festgelegt, dass die Rentiergebiete – fast die Hälfte der Fläche Schwedens – zwar von den Ureinwohnern genützt werden, aber dem Staat gehören. Bis hin zum Jagdrecht und den Bodenschätzen. 

Das Jagd- und Fischereirecht nutzt der Staat bisher zum Verkauf von sehr preiswerten Lizenzen, auch an Ortsfremde. Die kleine Rentierzüchter-Gemeinde der Ortschaft Girjas versucht seit einem Jahrzehnt, diesen Zustand für ihre Region zu ändern. Nun mit Erfolg vor dem Gerichtshof. 

Der Streit erinnert an nordamerikanische Indianer-Reservate und deren Eigentumsrechte. 32 aktive Rentierzüchter mit einem Winterbestand von 12.000 Tieren sind in Girjas registriert. Sie wollen ihre Jagdgründe, zu denen der ertragreiche Lachsfluss Kaitum gehört, in eigener Regie nützen – auch touristisch. 

Wahr ist: Auf europäischer Ebene haben die Rechte der indigenen Samen hohen Stellenwert. Die EU-Kommission duldet sogar, dass die Rentiergebiete frei von Wölfen bleiben sollen. Erst in diesen Tagen wurde dort ein Wolf durch Staatsbedienstete vom Hubschrauber aus erlegt, obwohl er als „genetisch wichtig“ galt. 

Dass insgesamt 4.636 Rentierzüchter fast die Hälfte des Staatsgebiets über die Weiderechte hinaus beanspruchen, stößt auch in der Jägerschaft auf Widerstände. Dort rechnet man mit massiv steigenden Lizenzpreisen für Gastjäger, wenn das Beispiel Girjas Schule machen sollte.  

Dagegen steht das Argument der Samen, dass die Rentierweide entscheidend beigetragen hat, im Norden „Europas letzte Wildnis“ als Kultur- und Naturlandschaft zu bewahren. Das gilt wohl auch für den Widerstand gegen die Wasserkraftnutzung der letzten natürlich fließenden Bäche und Flüsse. Und für den Artenreichtum einer durch Rentiere offen gehaltenen Landschaft.  

Am Rande: Ähnlichkeiten mit der Debatte um die Bergweide in Mitteleuropa und den sogenannten Wald-Wild-Konflikt sind nicht zu übersehen. Bis hin zur Raubtier-Debatte. Schon gibt es im Grenzland zur urbanen Zivilisation Samen-Dörfer, die ihre Rentiere aus Angst vor dem Wolf in Wintergatter sperren.