Die Jäger-Hatz ist kein Staatsschutz

Die Jäger-Hatz ist kein Staatsschutz

Der Mord von Kassel offenbart die Nutzlosigkeit immer schärferer Waffengesetze

Am 2. Juni 2019 wurde der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke auf der Terrasse seines Hauses in Wolfhagen-Istha erschossen (Symbolbild: USA-Reiseblogger)
Am 2. Juni 2019 wurde der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke auf der Terrasse seines Hauses in Wolfhagen-Istha erschossen (Symbolbild: USA-Reiseblogger)

Ein Kommentar von Michael Lehner: 

In Frankfurt beginnt der Mordprozess gegen einen Neonazi, der unter den Augen von Verfassungsschützern legal an Schusswaffen kam. Der Fall wirft auch die Frage auf, warum Politiker und Behörden unter dem Eindruck solchen Versagens regelmäßig in den Generalverdacht gegen Legalwaffenbesitzer flüchten.

Ebenfalls klar: Das Gesetz bietet der Staatsmacht immer schon reichlich Werkzeuge, um Missbrauch zu unterbinden. Trotzdem gelingt es Kriminellen und Irren immer wieder, unter den Augen der Obrigkeit Schusswaffen zu erwerben. Wenn das blutig endet, folgt gebetsmühlenartig der Ruf nach Verschärfung des Waffenrechts als Konsequenz des behördlichen Unvermögens im Einzelfall.

Der Prominentenmord von Kassel belegt es beispielhaft: Ein amtsbekannter Neonazi erstreitet sich vor Gericht den Waffenbesitz. Verfassungsschützer schreiten nicht ernsthaft ein, bis es einen Toten gibt. Nicht der erste Fall und auch nicht der einzige Fall von Waffenmissbrauch unter amtlicher Beobachtung.

Während Jäger schon um ihre Besitzkarten fürchten müssen, wenn bei unangemeldeten Waffenschrankkontrollen arglose Angehörige das Versteck der Tresorschlüssel kennen, reichen Hakenkreuz-Devotionalen und Nazi-Kontakte scheinbar nicht zuverlässig, um konsequentes Einschreiten auszulösen.

Im Gegenteil entsteht mitunter sogar der Anschein von Kumpanei in einer dubiose Spitzel-Szene. Bis hin zum Verdacht auf (ungewollte) Steuergeld-Finanzierung demokratiefeindlicher Umtriebe. Der Staatsschutz ist offenbar unfähig, den Staat überzeugend zu schützen – auch nicht gegen Radikale in den Reihen von Armee und Polizei.

Wie Ablenkungsmanöver müssen da die wohlfeilen Rufe nach noch mehr Kontrolle und Überwachung legaler Waffenbesitzer wirken. Dabei bietet die Praxis jetzt schon reichlich Missbrauchsmöglichkeiten für von Ideologie getriebene Jagdgegner, die es längst in manche Amtsstuben geschafft haben. Der Generalverdacht gegen Jäger steht nicht nur zu fürchten, er ist schon Realität in so manchen Politiker-Köpfen.

Ob veganer Zeitgeist und vulgäre „Tiermord“-Fantasien gute Ratgeber sind, ist zu bezweifeln. Bisher haben solche Ideologien keine parlamentarische Mehrheit. Aber sie wirken in einer Grauzone der Stimmungsmache. Nicht gegen Staatsfeinde, sondern gegen jagdliche Tradition und unbescholtene Sportschützen. Die – nebenbei bemerkt – auch nichts dafürkönnen, wenn immer mehr Kontrolle und Überwachung nichts ausrichten gegen eigentlich absehbare Risiken.