ASP im Fokus (II): Das schafft keine Sau

ASP im Fokus (II): Das schafft keine Sau

Einen Monat nach dem ersten Seuchenfall in Tschechien ist der Krisenplan der Bundesregierung fertig. Das Schwarzwild wird zum Sündenbock für die Afrikanische Schweinepest.

Wildschweine
Wildschweine

Gut 300 Kilometer ist der Erreger, gegen den es weder vorbeugende Impfungen noch Heilung gibt, noch entfernt von der deutsch-tschechischen Grenze. Für Menschen ist das Virus ungefährlich – und doch eine Bedrohung. Nicht nur für die Bauern und die Jäger, sondern auch für den Verbraucher-Alltag und die Volkswirtschaft.

Tritt der Ernstfall ein, wird es wieder diese Bilder von Massentötungen geben. Wie seinerzeit beim Rinderwahn. Betroffene Schweinemastbestände werden ausnahmslos „gekeult“, bereits im Verdachtsfall. Und auch in den Nachbarbetrieben innerhalb eines Sperrbezirks von drei Kilometern um den infizierten Stall.

Nicht nur dem Nutztier-Sektor drohen drastische Handelsbeschränkungen. Auch die Jagd ist betroffen: Kein Verkauf von Schwarzwild aus den betroffenen Gebieten. Im schlimmsten Fall sogar Betretungsverbote. Und natürlich die bekannte Hysterie, die das Konsumverhalten immer dann dramatisch verändert, wenn Lebensmittelskandale solcher Dimension die Medienwirklichkeit beherrschen.

Schon jetzt scheint klar: Die Jäger stehen unter behördlichem und öffentlichem Druck, noch mehr Sauen zu schießen. Aber sie werden in solchem Szenario das Wildbret noch schwerer los als jetzt schon. Ein Verlustgeschäft besonderer Dimension, wenn die Fleischbeschaugebühren bereits heute den Verkaufserlös für einen Frischling deutlich überschreiten.

Ein Gebührenerlass oder zumindest eine Gebührensenkung werden in den zuständigen Landesministerien diskutiert. Schon dies stößt aber auf Bedenken. Vor allem wegen der Angst, dass die Bevölkerung dieses Entgegenkommen als Geschenk an die Jägerschaft empfinden könnte. Fatale Auswirkung einer latenten Neiddebatte ohne realistischen Hintergrund: In größten Bundesland NRW käme bei Totalverzicht ein Einnahmeausfall von rund einer Million Euro zusammen. Peannuts angesichts der drohenden Seuchen-Kosten.

In Polen erhärtet sich der Verdacht, dass zugekaufte Ferkel aus dubioser Herkunft den Erreger in Mastbetriebe tragen

Wahr ist zudem: Im Gegensatz zur klassischen, europäischen Schweinepest sind die Übertragungswege der afrikanischen Version eher überschaubar: Das Virus wird durch den Verzehr infizierter Nahrung verbreitet, in der Praxis durch Fleisch und Wurstwaren, also hauptsächlich durch menschliche Mitwirkung. In Polen erhärtet sich der Verdacht, dass zugekaufte Ferkel aus dubioser Herkunft den Erreger in Mastbetriebe tragen.

Selbst in Dauerwurst überlebt das Virus bis zu einem halben Jahr. Abfall gilt deshalb als gefährlichster Übertragungsweg. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt lässt seit vergangener Woche entlang der wichtigsten Autobahnen und Fernstraßen in die osteuropäischen Nachbarländer Warnplakate kleben: Wurst- und Fleischabfälle nur in geschlossene Müllbehälter entsorgen. Sonst bedient sich das Schwarzwild und wird zum ASP-Einfallstor.

Polen plant gar einen 729 Kilometer langen Grenzzaun zu Weißrussland und zur Ukraine, um eine Sauen-Zuwanderung aus den besonders betroffenen Nachbarländern zu verhindern. Ein rund 25 Millionen teures Experiment von ungewissem Ausgang. Die Strecken, die der Erreger auf seinem Weg nach Europa bisher zurückgelegt hat, schafft keine Sau.

Lesen Sie hier mehr zum Thema:
ASP im Fokus (I): Die Jäger und die Seuche
Afrikanische Schweinepest: Was Jäger jetzt beachten müssen
Afrikanische Schweinepest: Handeln auf allen Ebenen
Afrikanische Schweinepest: Jäger stärker gefordert