Abschuss für den Artenschutz

Abschuss für den Artenschutz

Ein Höckerschwan bedroht auf einer schwedischen Insel die Eiderenten-Population

Höckerschwan und Eidererpel (Foto: Dr. Georg Wietschorke/ Psubraty)
Höckerschwan und Eidererpel (Foto: Dr. Georg Wietschorke/ Psubraty)

Schlimme Nachricht für Anhänger der Theorie, dass ohne Jagd die Artenvielfalt profitiert: Auf einer schwedischen Insel, die wegen ihres Artenreichtums zum Weltnaturerbe zählt, ruiniert ein einziger Höckerschwan den Bestand an Eiderenten.

In Schweden hat es das Natur-Drama schnell in die Massenmedien geschafft. Nach offiziellen Zahlen der Naturschutzbehörde brachten auf der Insel Stora Karlsö in diesem Frühjahr 334 brütende Eiderenten gerade mal 16 Jungvögel durch.

Im Jahr 2013 wurden dort noch 784 Küken flügge. Da gab es auch den Schwan noch nicht, der keine anderen Vögel auf „seiner“ Insel duldet. Nicht nur Küken tötet der aggressive Vogel systematisch, auch erwachsene Enten, die ihre Brut verteidigen, müssen sterben.

Für Experten ein völlig ungewöhnliches Verhalten, das normalerweise nur in sehr beengten Lebensräumen beobachtet wird. Auf der Insel vor Gotland wäre auf 2,5 Quadratkilometern hingegen reichlich Platz für Schwäne und Enten. Und für viele andere Arten: Stora Karlsö ist für seine vogelkundlichen Exkursionen unter fachkundiger Führung weit über Schweden hinaus bekannt.

Nun hat die „Karlsö Jagd- und Naturschutzvereinigung“ (sowas gibt’s in Schweden) Alarm geschlagen und den Abschuss des Schwans beantragt. Mimmi Skog, zuständig für den Naturschutz in der Bezirksregierung, begründet die Genehmigung mit dem ungewöhnlichen Verhalten des großen Vogels.

Spannend: Wegen des „Todesurteils“ gibt es bisher keine Kritik, auch nicht in den „sozialen“ Medien. Stora Karlsö gilt als zweitältestes Naturschutzgebiet der Welt, gleich nach Yellowstone. Prominente Besucher wie das dänische Königspaar sorgen für anhaltende Berühmtheit der Insel. Aber es gab auch schon Kritik wegen des großen Touristen-Andrangs – bis nun Corona für Entspannung sorgte.

Schon im vergangenen Jahr hatte die Verwaltung der Region Gotland in der Tierschutz-Szene für beträchtliche Aufregung gesorgt: Seinerzeit genehmigten die Beamten den Abschuss von 50 Kormoranen, um den Wanderfisch-Bestand zu schützen.

Die Tierschützer-Hoffnung, dass EU-Behörden die Kormoran-Jagd stoppen, erfüllte sich nicht. Im Gegenteil: Auf Anfrage des finnischen Europa-Abgeordneten Teuvo Hakkarainen bestätigte die EU-Kommission, dass eine Entnahme von Kormoranen „in großer Zahl“ erlaubt sei, so lange der „günstige Erhaltungszustand“ nicht gefährdet wird und keine anderen Möglichkeiten bestehen, das Kormoran-Problem zu entschärfen.