Abschied von der grünen Utopie

Abschied von der grünen Utopie

Die Grünen werden zur neuen Internet-Hassfigur in Kreisen der Jagdgegner. Vor allem auch für Jäger ein guter Grund, die Öko-Partei auf ihrem Weg in die Wirklichkeit zu unterstützen. 

Sonnenblumenfeld mit Windrad
Sonnenblumenfeld mit Windrad

Grüne Umweltminister verfügen den Abschuss von Problemwölfen und lassen Nationalpark-Ranger mit Schlingenfallen üben. Eine Ministerin der Öko-Partei wagt es gar, eine Jäger-Initiative zur Pelzvermarktung mit Steuergeld zu fördern. 

Wer noch alte Feindbilder pflegt, muss sich beim morgendlichen Nachrichten-Check nicht selten die Augen reiben: Da tut sich was, womit Landwirte und Jäger nicht mehr gerechnet hatten. Obwohl es doch nicht verwunderlich ist, wenn Parteien ihren Kurs nach dem Lebensgefühl von Wähler-Mehrheiten ausrichten.

Zwanzig Prozent Grüne in Meinungsumfragen im Vorfeld der Europa-Wahl sind ein Wert, der allein mit Unterstützung von Hardcore-Veganern, militanten Jagdgegnern und blauäugigen Weltverbesserern wohl nicht möglich wäre. Eine Partei, die aufs Regieren aus ist, kann die Sorgen eines Großteils der Bevölkerung eben nicht ignorieren. 

So wie es im Norden keine Mehrheiten gibt für die aberwitzige Idee, die Beweidung der Deiche zum Wohl der Wölfe aufzugeben, pochen die Menschen im Süden auf den Erhalt der Bergweide. Auch wegen der Touristen, die beim Bergwandern nicht zwischen Schutzzäunen und grimmigen Herdenschutzhunden herumirren wollen. 

Zugleich beginnt sich auch in ökoorientierten Kreisen herumzusprechen, dass Artenschutz und reine Naturlehre in der Realität nicht selten konkurrieren. Dass es gute Gründe hat, jenseits der Ideologie auch Kulturlandschaft als Lebensraum zu begreifen, der nicht nur Menschen satt macht, sondern – nach überfälligen Korrekturen – auch Fauna und Flora gedeihen lässt. 

Wir erleben grausige Beispiele für das Scheitern von Naturraum-Experimenten. Mit verhungernden Wildtieren und massivem Artenschwund. Begleitet von wachsenden Zweifeln am Sinn einer Forstwirtschaft, die mit dem wirtschaftlichen Nutzen auch eine gute Zukunft des Waldes zur Disposition stellt – und im Schalenwild den Sündenbock für misslungene Experimente sucht.

Dass momentan sogar der klimaneutral nachwachsende Brennstoff Holz als Feinstaub-Quelle ins Gerede gebracht wird, weist die (falsche) Richtung. Wo es doch weit sinnvoller wäre, die Begleiterscheinungen einer verfehlten Energiewende zu diskutieren. Mit Mais- und Rapsanbau, soweit das Auge reicht. Mit Biotopzerstörung an den letzten einigermaßen intakten Fließgewässern. Und, vor allem, ohne den Mut, offen zu sagen, dass ungebremster Energiehunger die Wurzel des Übels darstellt. 

Wenn ein mittlerweile abgewählter Umweltminister von den Grünen als Dienstwagen ein aberwitzig übermotorisiertes Elektroauto wählt, das sich Normalverdiener niemals leisten können, ist der Irrweg treffend beschrieben. Das vermeintlich gute Öko-Gewissen droht zum Luxusartikel zu werden, der die Gesellschaft spaltet wie zuletzt in den Gründerjahren der Arbeiterbewegung. 

So lange Wählerstimmen nicht nach Einkommen gewichtet werden, wird Realpolitik sich darauf einstellen müssen, dass das Wünschenswerte und das Machbare zwei Paar Stiefel sind. Dass Jäger-Bashing und Öko-Träume nicht genügen, um Bürgerinnen und Bürger von horrenden Stromrechnungen und dramatischen Einschränkungen ihrer Mobilität abzulenken. Und zugleich zu erwarten, dass sie schon irgendwie ihren Arbeitsplatz erreichen werden. 

Mehr noch als wachsende Einkommensunterschiede spaltet Öko-Hybris die Gesellschaft. Parteien, die mehrheitsfähig sein wollen, müssen sich diesem Konflikt stellen. Und im Ernstfall auf ein Klientel verzichten, in dessen Alltag Geld eine untergeordnete Rolle spielt.