EU-Vorschlag zur Absenkung Schutzstatus des Wolfs stößt auf breite Zustimmung

Veröffentlicht am 22.12.2023

Die Reaktionen von DJV, DBV, DWS und Co. – Nur Bundesumweltministerin Steffi Lemke scheint, entgegen ihren Lippenbekenntnissen die Sorgen und Nöte der Weidetierhalter ernstzunehmen, genau dies nicht zu tun

Ein Rudel Wölfe auf einem hang in einem Wald. (Symbolbild: Jürgen auf Pixabay)
Ein Rudel Wölfe auf einem hang in einem Wald. (Symbolbild: Jürgen auf Pixabay)

Der Vorschlag der Europäische Kommission den Schutzstatus des Wolfs von „streng geschützt“ zu „geschützt“ zu senken (wir berichteten), stößt bei den Verbänden und Akteuren des Ländlichen Raums auf breite Zustimmung. Im Folgenden finden sich die Reaktionen von DJV, DBV, DWS und Co..

Lediglich Bundesumweltministerin Steffi Lemke beweist trotz ihrer bald schon gebetsmühlenartigen Wiederholung die „Sorgen der Menschen vor Ort und der Weidetierhalter*innen ernst zu nehmen“ genau das Gegenteil und kann sich allem Anschein nach nicht in die Betroffenen des Ländlichen Raums hineinversetzen. Ihr Kommentar zum Vorstoß aus Brüssel:

„Die Ankündigung der EU-Kommission, den Schutzstatus des Wolfs herunterzustufen, darf nicht zu einem Angriff auf das europäische Artenschutzrecht werden. Das Artenaussterben ist eine globale Krise, die das Netz unseres Lebens sehr real bedroht. Wir müssen unser Handeln an dieser Tatsache ausrichten und die Beschlüsse von Montreal zum Schutz und zur Bewahrung der Natur umsetzen – auf europäischer und nationaler Ebene. Ich erwarte von der Kommission, nicht nur auf den Wolf zu fokussieren, sondern auch konkrete und zielführende Vorschläge gegen das Artenaussterben vorzulegen. In Zeiten von Klimakrise und Artenaussterben sollte es unser oberstes Ziel sein, unsere Lebensgrundlagen zu bewahren. In der Debatte über den Wolf habe ich immer deutlich gemacht, die Sorgen der Menschen vor Ort und der Weidetierhalter*innen ernst zu nehmen. Damit die Koexistenz von Nutztierhaltung und Wolf wirklich praktisch verbessert wird, haben wir gerade auf der Umweltministerkonferenz meinen Vorschlag für Schnellabschüsse von Wölfen in Gebieten mit erhöhtem Rissaufkommen beschlossen. Diese Regelung ist rechtssicher, pragmatisch und sehr schnell wirksam.“

DJV begrüßt politische Initiative: Bundesumweltministerin Steffi Lemke muss jetzt handeln

Der Deutsche Jagdverband (DJV) begrüßt ausdrücklich den Vorstoß der Europäischen Kommission. Zeigt er einmal mehr, dass die EU-Kommission und die Generaldirektion Umwelt bereit sind, einen pragmatischen Weg hin zu einem Bestandsmanagement für den Wolf zu gehen. „Es ist jetzt an der Bundesregierung, insbesondere an Bundesumweltministerin Steffi Lemke, sich nicht weiter hinter dem europäischen Naturschutzrecht zu verstecken. Es muss endlich das umgesetzt werden, was im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition steht: ein regional differenziertes Bestandsmanagement“, sagte DJV-Präsident Helmut Dammann-Tamke. Die als Durchbruch gefeierten Beschlüsse der jüngsten Umweltministerkonferenz seien lediglich wirkungslose Nebelkerzen.

Der DJV fordert darüber hinaus eine Änderung des Schutzstatus nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU, um größere Spielräume beim Management zu haben. Voraussetzung dafür ist die Änderung des Schutzstatus nach der Berner Konvention. Auch nach einer möglichen Herabstufung des Schutzstatus müssten die EU-Mitgliedsstaaten dafür sorgen, dass der günstige Erhaltungszustand des Wolfes gewahrt bleibt.

Bauernverband zum Vorschlag der EU-Kommission: Absenkung des Schutzstatus für den Wolf ist längst überfällig

Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken, bezeichnet den Vorschlag der EU-Kommission als längst überfälligen Schritt und sieht damit den Einstieg in eine Regulierung des Wolfes für gerechtfertigt.

Einer Änderung des Schutzstatus in der Berner Konvention müsse auch umgehend eine Änderung des Schutzstatus auf europäischer Ebene in der FFH-Richtlinie folgen. Die Bundesregierung müsse unabhängig von der Änderung der Berner Konvention zudem die Forderung der EU-Kommission umsetzen, alle Spielräume des europäischen Naturschutzrechts zu nutzen, um den Problemen mit dem Wolf zu begegnen. Hierfür müsse unverzüglich das europäische Naturschutzrecht auch vollständig in nationales Recht umgesetzt werden, erklärt der Deutsche Bauernverband weiter. „Die Bundesregierung darf nicht länger europäisches Recht zu Lasten der Weidetierhalter strenger umsetzen und damit mehrmals täglich Risse von Schafen, Ziegen, Rindern, Pferden und landwirtschaftlichen Wildtieren durch Wölfe in Deutschland zulassen. Ein vorbeugender Herdenschutz durch eine Regulierung des Wolfsbestandes ist EU-rechtlich möglich und geboten, um die Weidetierhaltung und die gesellschaftliche Akzeptanz des Wolfes zu sichern“, erklärt DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken.

Die Reaktion von FACE

FACE, der Europäische Verband für Jagd und Naturschutz, der 7 Millionen Jäger in Europa vertritt, begrüßt ebenfalls den Vorschlag der Europäischen Kommission (EK), den internationalen Status von Wölfen von „streng geschützt“ in „geschützt“ zu ändern. Zu den nächsten Schritten erklärte FACE-Präsident Torbjörn Larsson:

„Wir begrüßen diese Nachricht, erwarten jedoch, dass die Umweltminister den wissenschaftlich fundierten Vorschlag der Europäischen Kommission unterstützen. Um eine erfolgreiche Koexistenz zu gewährleisten, benötigen wir jedoch auch ein großes Paket für alle Fleischfresser, einschließlich Bären und Luchs mit Schwerpunkt auf ihrem Schutzstatus, der Überarbeitung der EG-Leitlinien und dem System zur Berichterstattung über den Erhaltungszustand“.

Deutsche Wildtier Stiftung begrüßt Vorstoß der EU-Kommission

„Wir begrüßen diese Initiative der EU-Kommission“, sagt Prof. Dr. Klaus Hackländer, Vorstand der Deutschen Wildtier Stiftung. „Der Wolf ist ein faszinierendes Wildtier, das bis vor gut 100 Jahren noch in Deutschland verbreitet war, aber durch den Menschen ausgerottet wurde. Dass er sich wieder hier ansiedeln konnte, ist ein erfreulicher Erfolg des Artenschutzes. Das derzeitige exponentielle Wachstum der europäischen Population ist bemerkenswert – führt aber auch zu Konflikten, unter anderem mit Weidetierhaltern“, so der Wildtierbiologe. „Nur wenn die aus Sicht des Naturschutzes erwünschte extensive Beweidung weiterhin möglich ist, hat der Wolf langfristig die Akzeptanz, die ihn gleichzeitig schützt.“

Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber:

„Das ist kurz vor Weihnachten eine gute Nachricht für die Weidetierhalter. Endlich handelt die EU. Bayern hat bereits mehrfach gefordert, den Schutzstatus beim Wolf abzusenken. Jetzt macht die EU-Kommission einen Vorstoß, die strengen Schutzregeln zu lockern. Das ist ein richtiges und wichtiges Signal der EU. Der Bund darf in den anstehenden Verhandlungen die Umsetzung nicht weiter blockieren. Wir werden beim Thema Wolf weiter Druck machen. Denn wir wollen die Weidetierhaltung in Bayern, vor allem auf naturschutzfachlich wertvollem Grünland, auch bei Wolfsanwesenheit dauerhaft erhalten und die Weidetierhalter unterstützen. Die aktuelle Situation ist unbefriedigend. Die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten reichen nicht aus.“

Bayerns Agrarministerin Kaniber: EU-Vorschlag zur Absenkung des Schutzstatus des Wolfes ist frohe Weihnachtsbotschaft

Zum Vorschlag der EU-Kommission, den Schutzstatus des Wolfes abzusenken, erklärt die Bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber: „Das ist eine frohe Weihnachtsbotschaft aus Brüssel an unsere Weidtierhalter, die seit langem durch immer mehr Wölfe unter Druck kommen. Endlich bestätigt die EU-Kommission, dass der Wolf nicht mehr gefährdet ist. An unseren Weihnachtskrippen stehen die Schäfchen, der Esel und der Ochse noch. Damit künftig auch noch unsere Tiere auf unseren Weiden stehen, müssen die Mitgliedsstaaten jetzt schnell handeln. Sie müssen die Berner Konvention und die FFH-Richtlinie ändern und dann nationales Recht anpassen. Dazu fordere ich Bundesumweltministerin Steffi Lemke auf: Keine Tricks, keine Verzögerung. Ihre heute in den Medien zu findende Verharmlosung des Wolfes ist selten wirklichkeitsfremd und verantwortungslos. Der Ball liegt jetzt bei der Bundesregierung. Sie muss jetzt ihre nationale Verantwortung ernst nehmen – und zwar für die Nutztiere. Denn die Weidetierhaltung ist inzwischen gefährdet, nicht mehr der Wolf.“

Weiter erklärte Kaniber: „Angesichts der stetig wachsenden Wolfspopulation ist es konsequent und richtig, den Schutzstatus des Wolfes abzusenken. Ich kann allerdings nur eindringlich dazu raten, dies schnell, umfassend und in allen relevanten Regelwerken umzusetzen, also auch zügig in der FFH-Richtlinie. Es braucht jetzt eine aktive und schadensunabhängige Bestandsregelung. Gleichzeitig fordere ich den Bund auf, seine Hausaufgaben zum Wolf zu erledigen und für den Wolf in Deutschland den günstigen Erhaltungszustand festzustellen. Damit öffnen wir die Tür für eine echte schadensunabhängige Bestandsregulierung. Die Bundesregierung darf sich hier nicht weiter versperren.“