Wildschweine lässt der Klimawandel kalt

Veröffentlicht am 21.10.2023

Eine neue Studie zeigt, warum Wildschweine in der Lage sind die klimatisch unterschiedlichsten Gebiete der Welt zu bewohnen: Thermoregulierung.

Wildschweine im Wald. (Symbolbild: Paul Henri Degrande auf Pixabay)
Wildschweine im Wald. (Symbolbild: Paul Henri Degrande auf Pixabay)

Im Laufe der Evolution haben sich Wildschweine (Sus scrofa) weltweit verbreitet und werden in dieser Hinsicht nur vom Menschen sowie seinen ständigen Begleitern, der Maus (Mus musculus) und der Ratte (Rattus norvegicus), übertroffen. Eine entscheidende Fähigkeit, die ihre hohe Anpassungsfähigkeit an unterschiedlichste Umweltbedingungen ermöglicht, ist ihre ausgeprägte Fähigkeit zur Regulation ihrer Körpertemperatur. Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie des Forschungsinstituts für Wildtierkunde und Ökologie (FIWI) der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni) könnten Wildschweine daher nur geringfügig vom globalen Klimawandel betroffen sein.

Evolutionär stammen Wildschweine von warmen Inseln in Südostasien ab, sind aber heute auf allen Kontinenten außer der Antarktis anzutreffen. Es scheint naheliegend, diesen Erfolg auf die steigenden Umgebungstemperaturen zurückzuführen.

Für ihre Studie überprüften die Wissenschaftler die Hypothese, ob die Temperatur als Lebensraumfaktor im Vergleich zu anderen Faktoren unwichtig ist, weil Wildschweine exzellente Thermoregulatoren sind. Sie untersuchten 13 erwachsene Weibchen, die im Burgenland in einem Freigehege leben und mit Sensoren für Herzschlag und Körpertemperatur ausgestattet waren.

Laut den Forschern der Vetmeduni wirkt die Temperatur nur indirekt. Viel wichtiger ist demnach die reichliche Verfügbarkeit von Nahrungsressourcen, die die negativen Auswirkungen kalter Winter vollständig ausgleichen kann.

Wildschweine zeigen hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Temperaturunterschieden. „Wir fanden heraus, dass die thermoneutrale Zone im Sommer etwa 6 bis 24°C beträgt. Im Winter liegt sie bei 0 bis 7°C. Zudem ist der Anstieg der Herzfrequenz und des Energieverbrauchs bei Kälte vergleichsweise gering“, so Studien-Erstautor Thomas Ruf vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie (FIWI) der Vetmeduni. „Dieser relativ geringe Anstieg des Energieverbrauchs bei Kälteexposition stellt das Wildschwein in die Reihe der arktischen Tiere, wie zum Beispiel dem Eisbären, während tropische Säugetiere ihren Energieverbrauch um ein Vielfaches erhöhen. Andererseits war die Reaktion der von uns untersuchten Wildschweine auf hohe Umgebungstemperaturen zu allen Jahreszeiten schwach.“

Diese Fähigkeit zur Thermoregulation, die auf täglichen Zyklen beruht, ermöglicht es den Wildschweinen, mit minimalem Energieaufwand große Unterschiede zwischen Haut- und Körperkerntemperatur aufzubauen, was wiederum den Wärmeverlust verringert, erklärt Studien-Letztautorin Claudia Bieber, Leiterin des FIWI der Vetmeduni. Diese Eigenschaft, kombiniert mit effektiven Verhaltensstrategien zur Bewältigung von Hitze, ermöglicht es den Wildschweinen, heute die klimatisch unterschiedlichsten Gebiete der Welt zu bewohnen.

Laut den Wissenschaftlern wäre es vor diesem Hintergrund nicht überraschend, wenn Wildschweine nur geringfügig auf den globalen Klimawandel reagieren würden. Allerdings könnte die mit der Klimaerwärmung verbundene zunehmende Trockenheit zu einer geringeren Verfügbarkeit von Nahrung führen und somit für Wildschweine eine andere Herausforderung darstellen.

Quelle: Veterinärmedizinische Universität Wien