NRW: Auf der Suche nach einem zweiten Nationalpark

Veröffentlicht am 07.09.2023

Fast 20 Jahre nach der Gründung des Nationalparks Eifel soll in Nordrhein-Westfalen ein zweites Großschutzgebiet entstehen

Minister Oliver Krischer, Ministerin Silke Gorißen und Ministerin Mona Neubaur starten den Findungsprozess für einen zweiten Nationalpark. (Bild: MUNV NRW)
Minister Oliver Krischer, Ministerin Silke Gorißen und Ministerin Mona Neubaur starten den Findungsprozess für einen zweiten Nationalpark. (Bild: MUNV NRW)

„Ergebnisoffen“ und mit Beteiligung von Politik und Zivilgesellschaft soll sie sein, die Suche nach einem zweiten Nationalpark für Deutschlands bevölkerungsreichstes Bundesland Nordrhein-Westfalen.

Fast 20 Jahre nach der erfolgreichen Gründung des Nationalparks Eifel plant Nordrhein-Westfalen die Einrichtung eines zweiten großen Schutzgebiets. Die Ministerinnen Silke Gorißen und Mona Neubaur sowie Minister Oliver Krischer gaben auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am 6. September 2023 den Startschuss für den entsprechenden Findungsprozess. Umweltminister Oliver Krischer betonte die Erfolgsgeschichte von Nationalparks weltweit und in Deutschland und unterstrich das Ziel, die vielfältige Natur in Nordrhein-Westfalen zu schützen und für zukünftige Generationen erlebbar zu machen.

Die stellvertretende Ministerpräsidentin, Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur, hob hervor, dass der Nationalpark Eifel gezeigt hat, wie erfolgreicher Naturschutz positive wirtschaftliche Auswirkungen haben kann, und dass ein zweiter Nationalpark in Nordrhein-Westfalen diesem Beispiel folgen soll. Das Land wird sich aktiv an der Errichtung des zweiten Schutzgebiets beteiligen.

Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin Silke Gorißen betonte die Bedeutung eines ergebnisoffenen Beteiligungsprozesses und der Akzeptanz vor Ort für das Landesvorhaben. Ein breiter Dialog in den Regionen sei entscheidend, um ein zweites Nationalparkgebiet erfolgreich umzusetzen.

Dreistufiges Verfahren zur Ausweisung des Nationalparks

Der Prozess zur Einrichtung des zweiten Nationalparks soll in drei Schritten erfolgen: Im ersten Schritt wird ein unverbindliches Interessenbekundungsverfahren durchgeführt, bei dem Regionen und Kreise ihr Interesse bekunden können. Die Landesregierung will so einen Überblick über potenzielle Bewerber erhalten und den Beteiligungsprozess in den Regionen anstoßen.

Der zweite Schritt umfasst ein qualifiziertes Antragsverfahren, das allen Kreisen und Regionen offensteht. Dies dient der Landesregierung als Grundlage zur Auswahl einer Region und zur Festlegung eines Gebiets für den zweiten Nationalpark.

Im dritten Schritt, nach der Auswahl der Region, erfolgt das formale Ausweisungsverfahren durch die Landesregierung, einschließlich einer breiten Beteiligung und öffentlichen Auslegung eines Verordnungsentwurfs.

Politik setzt auf Dialog vor Ort

Die Landesregierung möchte die Bürgerinnen und Bürger aktiv in den Prozess einbinden und betont die Bedeutung des Dialogs vor Ort. Es gibt keine festgelegte Gebietskulisse für den zweiten Nationalpark, und das Land wird landeseigene Flächen sowie Flächen Dritter berücksichtigen.

Nationalpark als Wirtschaftsfaktor

Der Nationalpark Eifel hat gezeigt, wie Naturschutz, Naturtourismus und regionale Wirtschaft voneinander profitieren können. Die Landesregierung plant, den Naturtourismus auch beim zweiten Nationalpark aktiv zu unterstützen.

Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur: „Der Nationalpark Eifel ist eine echte Erfolgsgeschichte. Seit zwei Jahrzehnten ist er wertvoller Hort biologischer Vielfalt, Faktor einer nachhaltigen Entwicklung und Vorbild für erfolgreichen Naturtourismus. An diese Erfolgsgeschichte wollen wir mit einem zweiten Nationalpark in Nordrhein-Westfalen anknüpfen.“

Mit 1.016.880 registrierten Besuchen überschritten die Besuchszahlen im letzten Jahr das dritte Mal in Folge die Marke von einer Million Gästen. Seit der ersten Volluntersuchung 2007 (450.000 Gäste) haben sich die Besucherzahlen des Nationalparks Eifel mehr als verdoppelt. Eine Studie aus den Jahren 2014/2015 zeigt, dass der Nationalpark in der Region bei damals 870.000 Besuchen einen Bruttoumsatz von über 30 Millionen Euro bewirkte, das entspricht rechnerisch 674 Arbeitsplätzen. Ein Gutachten zu den aktuellen regionalökonomischen Effekten ist in Auftrag gegeben worden und wird demnächst vorliegen.

Ministerin Neubaur: „Wie schon in der Eifel werden wir als Land den Naturtourismus auch bei einem zweiten Nationalpark aktiv unterstützen.“

Schutz der Biodiversität

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des alarmierenden Rückgangs der biologischen Vielfalt haben Nationalparke weltweit eine herausragende Bedeutung beim Schutz von Arten und Lebensräumen.

„Der Artenverlust ist neben der Klimakrise die zweite große ökologische Bedrohung für uns und die Art und Weise, wie wir leben“, sagte Umweltminister Krischer. Auch in Nordrhein-Westfalen ist die biologische Vielfalt gefährdet durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren. „Obwohl wir durch eine ambitionierte Naturschutzpolitik erfolgreiche Projekte und Maßnahmen vorweisen können, darf das aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Verlust an biologischer Vielfalt trotzdem weitergeht – und teilweise mit ungebremster Geschwindigkeit“, begründete Minister Oliver Krischer den Schritt für einen zweiten Nationalpark.

Bis Ende des Jahres werde das Ministerium zum fünften Mal die Rote Liste der gefährdeten Arten in Nordrhein-Westfalen vorlegen. „Und auch wenn sich einige Indikatoren zum Besseren entwickelt haben, werden wir keine Entwarnung geben können. Wir müssen unsere Anstrengungen noch verstärken. Deshalb haben wir in den letzten Monaten seit der Regierungsübernahme die Weichen dafür gestellt.“

Mehr als 43.000 verschiedene Tier-, Pilz- und Pflanzenarten und rund 70 verschiedene Lebensräume bilden die Grundlage für den Artenreichtum in Nordrhein-Westfalen. Doch bleibt der Verlust an biologischer Vielfalt weiterhin hoch, dies zeigen auch die Zahlen der aktuellen Roten Liste der gefährdeten Arten:

Etwa 45 Prozent der untersuchten Tier-, Pilz- und Pflanzenarten stehen in Nordrhein-Westfalen auf der „Roten Liste“ – sind gefährdet, vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben.Rund 80 Prozent der Lebensräume im Tiefland sind in einem ungünstigen Erhaltungszustand – allen voran Moore, Grünland- und Gewässerlebensräume sowie Eichen- und Auenwälder.Und aktuell sind nur 8,8 Prozent aller Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen in einem sehr guten oder guten ökologischen Zustand.

Die Ursachen des Artensterbens und des Verlustes biologischer Vielfalt sind neben den Folgen des Klimawandels auch eine zu intensive Flächen-Nutzung und die Zerstörung und Zerschneidung naturnaher Lebensräume. „Umwelt und Natur sind Grundlagen von Ernährung, Heimat, Wirtschaft und Erholung. Ohne eine intakte Natur gefährden wir diese Grundlagen“, sagte Minister Krischer.