Kreis Wesel lässt Wölfin „Gloria“ schießen

Veröffentlicht am 21.12.2023

Die Untere Naturschutzbehörde des Kreises Wesel hat eine Ausnahmegenehmigung zur zielgerichteten Tötung der Wölfin GW954f erlassen, die bis zum 15. Februar 2024 gültig ist.

Eine einzelne Wölfin auf einer Lichtung im Wald. (Symbolbild: Dominik Rheinheimer auf Pixabay)
Eine einzelne Wölfin auf einer Lichtung im Wald. (Symbolbild: Dominik Rheinheimer auf Pixabay)

Der Landrat des nordrhein-westfälischen Kreises Wesel hat in seiner Funktion als Untere Naturschutzbehörde eine Allgemeinverfügung erlassen, die die Entnahme der Wölfin GW954f, besser bekannt als Wölfin „Gloria“, erlaubt. Veröffentlicht wurde diese gestern (20.12.2023) im „Amtsblatt Nr. 48/23 des Kreises Wesel“. Diese Verfügung befasst sich mit der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 45 Abs. 7 i.V.m. § 45a Abs. 4 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) von dem Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, das die Tötung von Wölfen verbietet.

Die Genehmigung erlaubt spezifisch die zielgerichtete Tötung eines Wolfes im Gebiet nördlich der Lippe in den Gemeindegebieten Hünxe und Schermbeck mit dem Ziel, die Wölfin GW954f zu entnehmen. Diese Maßnahme ist eine Ausnahme vom Tötungsverbot und ist unter bestimmten Bedingungen gestattet, z. B. dass die Wölfin keine Jungtiere führt und weder trächtig noch laktierend ist.

Die Durchführung der Entnahme ist ausschließlich Jagdausübungsberechtigten gestattet, die sich zuvor bei der unteren Naturschutzbehörde angemeldet und eine individuelle Beauftragung erhalten haben.

Die Verfügung enthält auch spezifische Auflagen zur Entnahme, wie die Berücksichtigung von Tierschutzgesichtspunkten und die Meldung einer erfolgten Entnahme an die zuständige Naturschutzbehörde. Die Allgemeinverfügung verliert ihre Wirksamkeit mit Ablauf des 15. Februar 2024 oder sobald der Abschuss von GW954f nachgewiesen wurde.

Diese Maßnahme wird aufgrund zahlreicher Vorfälle von Wolfsrissen in der Region seit dem Jahr 2018 ergriffen, wobei die Wölfin GW954f wiederholt in diese Vorfälle verwickelt war. Mit Schreiben vom 22.11.2023 hatte der Umweltminister des Landes NRW dem Landrat des Kreises Wesel mitgeteilt, dass seit September 2023 die Wölfin GW954f als Verursacherin wiederholter Nutztierfälle im Fördergebiet „Westliches Münsterland“ genetisch identifiziert wurde. Nach Auffassung der obersten Naturschutzbehörde lägen aufgrund hierzu vorliegender Daten des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) nunmehr die Voraussetzung des § 5 Abs. 1 WolfsVO NRW vor. Zudem sei eine Stellungnahme i.S.v. § 6 WolfsVO NRW möglich.

In der Folge beauftragte der Umweltminister des Landes NRW den Kreis Wesel als zuständige untere Naturschutzbehörde mit der Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Ausnahme zur Entnahme der Wölfin GW954f nach § 45 Abs. 7 BNatSchG vorliegen. Das Ergebnis ist bekannt.

Zur Begründung

Seit der Jahrtausendwende hat sich der Wolf in Deutschland wieder etabliert. In Nordrhein-Westfalen, wo der Wolf anfangs nur durchzog, ist er seit 2018 dauerhaft ansässig. Die Wiederansiedlung des Wolfs, der etwa 180 Jahre lang ausgerottet war, ist ein bedeutender Erfolg für den Naturschutz, bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich, insbesondere vermehrte Übergriffe auf Weidetiere.

Das Umweltministerium von Nordrhein-Westfalen hat auf diese Situation reagiert, indem es Wolfsgebiete, Pufferzonen und Wolfsverdachtsgebiete definiert hat, um die betroffenen Landschaftsräume besser zu schützen. Für diese Gebiete gibt es Förderungen zur Unterstützung von Herdenschutzmaßnahmen für Tierhalter.

Ab dem 1. Oktober 2018 wurde das Wolfsgebiet Schermbeck samt Pufferzone eingerichtet. Es umfasst wesentliche Teile des Naturparks Hohe Mark und erstreckt sich über rund 957 Quadratkilometer.

Die Wölfin GW954f, die sich zuerst in diesem Gebiet niederließ, wurde zeitweise von einem männlichen Wolf begleitet und hat mehrmals Nachwuchs zur Welt gebracht (2020 einen, 2021 vier und 2022 ebenfalls vier Welpen). Seit Februar 2022 wurde der Rüde jedoch nicht mehr gesichtet.

In der Region wurden mehrere Wolfsangriffe gemeldet, die sich auf Gemeinden wie Hünxe, Schermbeck und angrenzende Kommunen erstrecken. Seit 2018 gab es zahlreiche Vorfälle, insbesondere seit Herbst 2023. Oft war GW954f an diesen Angriffen beteiligt.

Nachdem GW954f über längere Zeit in den Gebieten Hünxe und Schermbeck nachgewiesen wurde, wurde im Oktober 2018 das Wolfsgebiet Schermbeck festgelegt. Seitdem werden dort Herdenschutzmaßnahmen gefördert. Bis Anfang September 2023 gab es mehrere Vorfälle, bei denen GW954f beteiligt war und empfohlener Herdenschutz vorhanden war.

In der zweiten Hälfte des Jahres 2023 verließ GW954f ihr ursprüngliches Gebiet und zog in den Raum Dämmerwald/Üfter Mark, wo sie weiterhin nachgewiesen werden kann. Seit Ende September gab es hier wiederholt Übergriffe, bei denen in drei Fällen ein empfohlener Schutz vorhanden war.

Die folgenden Rissvorfälle sind alle bekannt, bei denen GW954f als Täterin identifiziert oder vermutet wurde. Einige dieser Vorfälle betreffen Überwindungen des empfohlenen Herdenschutzes, was schließlich den Ausschlag für die Abschussgenehmigung gewesen sein wird, da regelmäßig Wolfseltern ihren Nachkommen solch ungewolltes Verhalten lehren und so als Multiplikatoren nicht mehr tragbar sind.

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