BKA verzeichnet mehr Verstöße gegen Waffengesetz

Veröffentlicht am 27.06.2023

Waffen aus dem 3D-Drucker, Rückbau von Flobertwaffen, illegaler Umbau von Schreckschusswaffen türkischer Herkunft als große Bedrohungen identifiziert

Ein Mann, der eine Pistole im Anschlag hält. (Symbolbild: NestoR019 auf Pixabay)
Ein Mann, der eine Pistole im Anschlag hält. (Symbolbild: NestoR019 auf Pixabay)
Illegaler Handel mit Schusswaffen aus den Westbalkan-Staaten setzt sich fortProfessioneller, illegaler Umbau von Schreckschusswaffen türkischer Herkunft und illegaler Rückbau von Flobertwaffen aus der Slowakischen Republik weiterhin von BedeutungTeilweise Verlagerung des illegalen Waffenhandels von Marktplätzen im Darknet hin zu Messengerdiensten oder Anbietern kryptierter TelefonieNutzung von im 3D-Druck hergestellten Schusswaffen und Schusswaffenteilen stellt ernstzunehmende Bedrohung dar

Nachdem in den letzten Berichtsjahren die Gesamtzahl der Verstöße gegen das Waffengesetz (WaffG) und Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKontrG) zurückging, ist für das Berichtsjahr 2022 laut des gerade vom Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlichten „Bundeslagebilds Waffenkriminalität 2022“, erstmals wieder ein Anstieg der Gesamtzahl zu verzeichnen, was an der Zunahme der Verstöße gegen das Waffengesetz liegt. So stieg die Anzahl der in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registrierten Verstöße gegen das WaffG um 6,4 % an, wohingegen die Anzahl der Verstöße gegen das KrWaffKontrG um 14,4 % sank.

Straftaten unter Schusswaffenverwendung

Im Jahr 2022 wurden mehr Straftaten unter Verwendung von Schusswaffen registriert als im Vorjahr (+7,3 %). Die Anzahl der Fälle, in denen mit einer Schusswaffe gedroht wurde, stieg ebenfalls an (+5,4 %). Ähnlich verhält es sich mit der Entwicklung der Fälle, in denen mit einer Schusswaffe geschossen wurde. Hier ist ein Anstieg von 9 % zu verzeichnen.

Darknet verliert an Bedeutung als Waffenumschlagsplatz

Der leichte Zugang zum Darknet oder zu frei zugänglichen MessengerGruppen und Internetplattformen, auf denen Schusswaffen gehandelt werden, zeigen die weiterhin hohe Relevanz des Internets im Kontext Waffenkriminalität. Der bereits im letzten Jahr festgestellte Trend einer zunehmenden Verlagerung vom Darknet in Richtung Messengerdienste oder Anbieter kryptierter Telefonie als Bezugsquelle für den illegalen Erwerb von und den Handel mit Schusswaffen und Munition bestätigte sich auch im Jahr 2022.

Illegale Waffenherstellung aus 3D-Druck stellt ernstzunehmende Bedrohung dar

Bezüglich der Entwicklungen bei 3D-gedruckten Schusswaffen und Waffenteilen rechnet das BKA perspektivisch mit einem eher steigenden Bedrohungspotenzial, auch im Hinblick auf vollständig 3D-gedruckte Schusswaffen.

Sicherstellung von vollautomatisch schießenden umgebauten Schreckschusswaffen

Bezüglich des illegalen Umbaus von Schusswaffen stellen Schreckschusswaffen, insbesondere türkischer Herkunft, seit Jahren einen deliktischen Schwerpunkt dar, wie das BKA in einem Fallbeispiel zeigt:

Das LKA Berlin führt seit Mai 2022 Ermittlungen gegen eine Person, die im Verdacht stand, illegal mit Schusswaffen Handel zu treiben. Bei der Dursuchung der Wohnung des Beschuldigten konnten neben erheblichen Mengen Betäubungsmitteln und Bargeld auch mehrere funktionsfähige Umbauten ehemaliger Schreckschusspistolen sichergestellt werden. Drei dieser Waffen verfügten bereits als unveränderte, d. h. noch nicht umgebaute Schreckschusspistolen türkischer Herkunft über einen Feuerwahlhebel, der die Schussabgabe im vollautomatischen Modus erlaubte. Die Eigenschaft der vollautomatischen Nutzung blieb auch nach dem Umbau in das Kaliber 7,65 mm Browning erhalten. Anhand der Spurenlage konnte zudem die Verbindung zu einem weiteren Sachverhalt in Berlin hergestellt werden, bei dem im Oktober 2021 insgesamt zehn umgebaute Schreckschusspistolen des gleichen Waffenmodells, ebenfalls vollautomatisch schießend, sichergestellt wurden.

Illegale Rückbauten von Flobertwaffen

Eine ebenfalls anhaltende Bedrohung stellen illegale Rückbauten von Flobertwaffen aus der Slowakischen Republik dar. Diese ehemals erlaubnispflichtigen Schusswaffen, die durch den Einbau eines kleineren Futterlaufs zum Verschießen von Munition mit geringerer Geschossenergie abgeändert wurden, waren bis zur Angleichung des slowakischen Waffenrechts an die EU-Feuerwaffenrichtlinie in der Slowakischen Republik ab 18 Jahren frei zu erwerben. Flobertwaffen wurden von Kriminellen in hoher Anzahl angekauft und nach Rückbau in das Originalkaliber als halb- oder auch vollautomatische Schusswaffen illegal innerhalb Europas weiterverkauft. Die Gesetzesanpassung bzw. -verschärfung des slowakischen Waffenrechts zum 01.02.2022 schob diesem Modus Operandi einen Riegel vor. Der Erwerb einer Flobertwaffe ist nun auch in der Slowakischen Republik an Voraussetzungen geknüpft, sodass ein freier Erwerb derartiger Waffen ab 18 Jahren nicht mehr möglich ist. Unabhängig von der Gesetzesnovellierung befinden sich jedoch weiterhin große Mengen von Flobertwaffen auf dem illegalen Markt, die vor der Gesetzesanpassung erworben wurden. Die Gefahr des illegalen Handels und der Verwendung von Flobertwaffen und deren Rückbauten besteht somit nach Einschätzung des BKA fort.

Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf den illegalen Handel mit Waffen

Etwaige Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine auf den internationalen Waffenhandel und die Verfügbarkeit illegaler Schusswaffen in Deutschland lassen sich derzeit nicht abschätzen. Die Gefahr, dass Schusswaffen oder Munition aus dem Kriegsgeschehen in der Ukraine in den illegalen Kreislauf und dadurch ggf. auch nach Deutschland gelangen könnten, ist jedoch perspektivisch nicht auszuschließen, heißt es abschließend vom BKA.

Bundeslagebild Waffenkriminalität 2022:

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